Praxisbeispiel: Mietenwahnsinn in Berlin!?
Haus & Grund Berlin wurde „Preistreiberei“ vorgeworfen, als der Verband angesichts des bevorstehenden „Mietendeckel“-Beschlusses des Senats mit einem Countdown zu Mieterhöhungen aufgefordert hat.
Die Rückmeldungen zeigen: Viele Mitglieder sind Haus & Grund Berlin dankbar, dass sie, nicht zuletzt aufgrund des großen Medien-Echos, darauf aufmerksam gemacht wurden, ihre Miete an den Mietspiegel anzupassen, bevor ihnen die Berliner Regierungskoalition das künftig verweigern will – trotz Inflationsrate und extrem steigender Instandhaltungskosten.
Als Beispiel aus der Praxis ist hier die Mitteilung der Henkel Immobilien dokumentiert.
Mietenwahnsinn in Berlin!?
Ja, ich habe es getan! Ja, ich habe mich Zorn und Unmut vieler Mieter ausgesetzt – und ja, ich kann sie alle verstehen. Warum also habe ich die Mieten teilweise wirklich drastisch erhöht? Warum habe ich in Kauf genommen, in einen Topf mit Miethaien geworfen zu werden und mich dem Vorwurf ausschließlicher „Gewinnmaximierung“ auszusetzen?
Am 18.06. hat der Berliner Senat den sog. „Mietendeckel“ beschlossen. Dabei ist schon bemerkenswert, dass die Mieten nicht (nur) gedeckelt (also in der Höhe begrenzt), sondern für die nächsten fünf Jahre eingefroren werden, also keine Mieterhöhungen möglich sind.
Ich möchte mich an dieser Stelle auf die Darstellung einiger der Folgen beschränken, die damit unstrittig einhergehen werden.
- Angesichts einer Inflationsrate von mehr als 2 % p.a. bedeutet das, dass die Mieten in den nächsten 5 Jahren faktisch um mehr als 10 % sinken werden.
- Gleichzeitig explodieren die Instandhaltungskosten für die Immobilien, da bereits jetzt Handwerksleistungen angesichts des starken Auslastungen – auch wegen des zunehmenden Fachkräftemangels – nur zu stark steigenden Preisen zu bekommen sind.
- Es werden viele „kleine“ Vermieter über eine Veräußerung ihrer Immobilien, die teilweise seit Generationen in Familienbesitz sind, nachdenken. Dies wird zu einer weiteren Konzentration des Immobilienbestandes bei Großvermietern führen, da nur diese die Kosten und den Verwaltungsaufwand künftig tragen werden können.
- Es wird damit keine einzige neue Wohnung geschaffen – wer angesichts derartiger Rahmenbedingungen in Wohnungsbau investiert, ist entweder wirklich wahnsinnig oder muss es tun – wie die senatseigenen Unternehmen.
Als Folge der drohenden Deckelung sind von vielen Vermietern, auch durch mich, Mieterhöhungen durchgeführt worden, die angesichts der langen Sperrfrist teilweise weit über die sonst angedachten Beträge hinausgegangen sind. So ärgerlich dies für die betroffenen Mieter sein mag – soweit wir Vermieter dafür gescholten werden, bellt man hier den falschen Baum an. Ich hätte – wie meine Kollegen auch – angesichts des neuen Mietspiegels eine moderate Erhöhung der Mieten vorgenommen und diese je nach Entwicklung im nächsten Jahr erneut geprüft. So muss ich das, was über fünf Jahre nicht mehr gehen wird, sofort und gleich durchsetzen – vielen Dank, Frau Senatorin! Nur am Rande sei erwähnt, dass ich in keinem Fall über die Grenzen des Mietspiegels erhöht habe.
Ich vertrete ausschließlich Vermieter mit kleinen Wohnungsbeständen, die ihre Häuser seit langem, teilweise über viele Generationen, besitzen und für die die Immobilien immer auch Herzensangelegenheit waren. Ich denke, der gelebte Umgang mit Mietern und Eigentümern spiegelt das wieder, genauso wie das Mietniveau, dass weit entfernt von spekulativen Höhen oder „Gewinnmaximierung“ liegt.
Insofern sind die vor „Toresschluss“ erfolgten Mieterhöhungen auch durchaus im Interesse unserer Mieter, da nur durch adäquate Mieten gewährleistet ist, dass sich auch für „kleine“ Vermieter Immobilieneigentum überhaupt rechnet. Die Alternative ist, zu verkaufen. Und ob sich die jetzige Mieterschaft mit den neuen Eigentümern auseinandersetzen möchte, wage ich zu bezweifeln.
Und letztlich: Wer glaubt, dass der Markt damit wirklich entspannt wird, glaubt auch, das Zitronenfalter Zitronen falten. Egal wie hoch die Miete ist – für den Vermieter zählt die Solvenz des Mieters, ist er doch regelmäßig von Ausfällen sehr direkt betroffen. Herr „Prof. Dr. Meier-Humbug“ wird also auch künftig möglicherweise den Vorzug in der Bewerberliste bekommen – und sich über die niedrige Zwangsmiete freuen!
Und wenn schon über „Enteignungen“ nachgedacht wird: Warum nicht über eine Kündigungsmöglichkeit von großen Wohnungen, die von Einzelpersonen belegt werden? Müssen wir denn wirklich den Luxus einer Wohnfläche pro Kopf von fast 50 m² leisten? Die Altersgruppe >75 Jahre belegte im Jahr 2002! sogar 75 m² – Tendenz eher steigend. Ein Umbau in am Markt stark nachgefragte kleine Wohneinheiten wäre übrigens auch für die Umwelt zuträglich und könnte mit Wohnrecht des bisherigen Mieters sozialverträglich kombiniert werden, so dass niemand aus seinem Kiez heraus muss.
Bisher wurde leider NICHTS auf den Weg gebracht, was das Grundproblem – zu wenig Wohnungsbau – auch nur ansatzweise zu lösen im Stande wäre. Im Gegenteil ist der Neubau durch massive und teilweise unsinnige Vorschriften verteuert oder gar unmöglich gemacht worden, z. B. beim Dachgeschossausbau. Erschwerend kommt hinzu, dass die Bezirke gar nicht wissen, wie sie Zuzüge eigentlich versorgen sollen – Stichworte Nahverkehr, Kindergarten, Schulen. Womit die Planlosigkeit der Politik aber nur wieder bewiesen ist, und das obwohl die entsprechenden Statistiken und Prognosen zu Bevölkerungsentwicklung und Zuzug in die Städte nicht erst seit gestern bekannt sind.
Diese sehenden Auges in Kauf genommenen Probleme dürfen aber nicht auf dem Rücken der Bürger ausgetragen werden. Und da sitzen wir alle in einem Boot, denn wie soll der zwingend notwendige Umbau des Wohnungsbestandes für eine alternde Bevölkerung gestemmt werden? Die Vermieter, wie ich sie vertrete, halten – noch – zwei Drittel des Wohnungsbestandes. Wenn sie nicht in der Lage sind, die Kosten für den altersgerechten Umbau zu finanzieren, ist niemanden geholfen.
Bedanken möchte ich mich für die mich für die Zustimmungen zu den Mieterhöhungen, die mir dann doch in überraschend hoher Zahl, teilweise mit viel Verständnis und Zuspruch, zugegangen sind.