„Mietendeckel“ zerstört Mittelstand – Senat braucht dringend Nachhilfe
Noch im Mai diesen Jahres nannte Katrin Lompscher den Berliner Mietspiegel ein „etabliertes wohnungspolitisches Instrument“ mit „wichtiger Funktion“, das „Transparenz“ schaffe und so „einen wichtigen Beitrag zum Rechtsfrieden in unserer Stadt“ schaffe. Tatsächlich hatten alle an der Erstellung der aktuellen Ausgabe 2019 beteiligten Interessengruppen diesen als „qualifiziert“ anerkannt und somit Einvernehmen erzielt, dass die darin abgebildeten Mietentwicklungen und sich daraus ergebenden Erhöhungsmöglichkeiten angemessen und zulässig sind. Die Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen dazu: „Ich bedanke mich ausdrücklich bei den Verbänden und gehe davon aus, dass die Akzeptanz des Mietspiegels dadurch gestärkt wird.“(1)
Nicht einen Monat später unterschreibt dieselbe Senatorin ein Eckpunktepapier für einen „Mietendeckel“, der alle Mieten – egal wie hoch oder niedrig – auf dem derzeitigen Stand „einfrieren“ soll. Kann sich Frau Lompscher nicht mehr daran erinnern, was sie über Mietspiegel gesagt hat? Oder existierte bei dessen Vorstellung das Eckpunktepapier bereits, und die Senatorin wollte die Beteiligten und die Öffentlichkeit bewusst in die Irre führen? Jedenfalls wurch die Pläne für einen „Mietendeckel“ der noch junge Berliner Mietspiegel 2019 samt seiner zweijährigen Vorbereitungszeit überflüssig. Für fünf Jahre – so heißt es – soll die Radikalmaßnahme gelten. Doch es gibt keinen Grund, dieser Befristung Glauben zu schenken, wenn sie von einer Politikerin in Aussicht gestellt wird, die sich nicht mehr an ihre Aussagen vor drei Wochen erinnern kann oder gezielt Nebelbomben wirft, um ihre eigentlichen Pläne zu verschleiern. Übrigens war auch die „Mietpreisbremse“ zunächst befristet – nun steht ihre Verlängerung an. „Wozu eigentlich?“ fragt man sich inzwischen, denn mit dem „Mietendeckel“ wäre sie genauso obsolet wie der Mietspiegel.
Angenommen, der „Mietendeckel“ würde beschlossen und stünde nach fünf Jahren vor seinem Auslauf – wie müssten wir uns die Lage der Dinge vorstellen? Der Senat wird weiterhin wenig unternommen haben, die Wohnungsknappheit durch Neubau zu mildern. Mittlerweile hätte womöglich die Bundestagswahl eine Grün-rot-rote Mehrheit erbracht. Das bedeutet, dass alle, die sich bereits für Immobilienenteignungen und überregionale „Mietendeckel“ ausgesprochen haben, an der Macht wären und diese Pläne rücksichtslos umsetzen könnten.
Nachdem Vermieter schon mehr Kosten als Einnahmen hätten, würde eine Enteignungswelle ihnen endgültig den Garaus machen. Als Argument für diesen Diebstahl könnte dann immer häufiger vorgebracht werden, dass sich Eigentümer mangels finanzieller Möglichkeiten nicht ausreichend um die Instandhaltung der Immobilie kümmern würden. Der Begriff „Miete“ würde nicht mehr verwendet werden, um die kapitalistische Vergangenheit des Immobilieneigentums vergessen zu machen. Das „Nutzungsentgelt“ würde vom Staat festgelegt; dafür bräuchte es keinen Mietspiegel mehr, und auch „Kappungsgrenzen“, „Milieuschutzgebiete“ und andere Folterwerkzeuge würden nicht länger benötigt.
Die unliebsamen Eigentümer hätte man „erfolgreich“ verdrängt, aber dann träte eine andere mittelständische Gruppe auf den Plan: die Handwerker! Auch für sie müsste eine andere Verwendung gefunden werden, denn die staatlichen Wohnungsunternehmen würden mangels öffentlicher Mittel ohnehin nicht mehr in die Bausubstanz investieren. Dort, wo es unumgänglich wäre, kämen große Unternehmen zum Zuge – der Elektriker und Klempner von nebenan hätte kein Auskommen mehr.
Das ist nur ein Beispiel, was passieren würde, wenn die mittelstandsfeindliche Politik des Senats Erfolg hätte. Handwerker und andere Wirtschaftszweige sollten diese Zukunft besser nicht tatenlos abwarten, sondern sich gegen die Pläne zum Niedergang der Stadt wehren. Nicht nur dem derzeitigen US-Präsident versucht man von allen Seiten klarzumachen, dass wirtschaftliche Prozesse aufs Engste miteinander verzahnt sind und Eingriffe viele Folgen an anderen Stellen nach sich ziehen. Auch der populistischen Regierungskoalition in Berlin muss man in dieser Sache noch viel Nachhilfeunterricht angedeihen lassen.
(1) Berliner Mietspiegel 2019, Vorwort Seite 2