Der Berliner Senat hat am 7. Mai 2013 eine „Verordnung zur Senkung der Kappungsgrenze für Mieterhöhungen“ verabschiedet. Hiernach ist die Erhöhung der Miete in einem bestehenden Mietverhältnis im preisfreien Wohnraum in Berlin nicht mehr wie bisher (gemäß § 558 Abs.3 S.1 BGB) innerhalb von drei Jahren um maximal 20 Prozent, sondern um lediglich 15 Prozent bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete möglich. Die Berliner Landesregierung nutzt damit für die gesamte Stadtfläche die Möglichkeit zur Einschränkung der Mietpreisentwicklung im preisfreien Wohnraum, die aufgrund des Mietrechtsänderungsgesetzes seit dem 1. Mai 2013 besteht.
Was ist für Vermieter aufgrund der neuen Verordnung zu beachten? Haus & Grund Berlin informiert die Mitglieder seiner Ortsvereine mit den zehn wichtigsten Fakten zur Kappungsgrenze.
1. Worauf beruht die Entscheidung des Berliner Senats?
Der Berliner Senat bezieht sich bei seiner Entscheidung auf die zum 1. Mai 2013 in Kraft getretene neue Regelung des § 558 Abs.3 S.2, S.3 BGB, wonach der Prozentsatz der Kappungsgrenze 15 vom Hundert beträgt, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in der Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde besonders gefährdet ist und diese Gebiete durch die jeweilige Landesregierung bestimmt werden. Die Landesregierungen werden ermächtigt, diese Gebiete durch Rechtsverordnung für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu bestimmen.
2. Für welche Mietvertragsverhältnisse gilt die Verordnung?
Die neue Verordnung gilt ausschließlich für Wohnraummietvertragsverhältnisse im preisfreien Wohnraum, also nicht bei Geschäftsraummietverhältnissen, bei Wohnraummietverhältnissen im preisgebundenen Wohnraum, Garagenmietverhältnissen, Pachtverhältnissen, Nutzungsverhältnissen nach SchuldRAnpG usw.
3. Gilt die Verordnung auch bei Neuvermietungen?
Nein. Die Verordnung erfasst nur die Erhöhung in bestehenden Mietverhältnissen. Beim Neuabschluss von Mietverhältnissen gilt die Kappungsgrenze der Verordnung und auch die Kappungsgrenze des BGB sowie die ortsübliche Vergleichsmiete als Begrenzung nicht.
4. Für welche Miet-Erhöhungen gilt die Verordnung?
Die Verordnung gilt für eine vom Vermieter verlangte Zustimmung zur Mieterhöhung nach dem „Vergleichsmietensystem“, §§ 558ff BGB. Sie gilt dagegen nicht bei Mieterhöhungen aufgrund einer Staffelmiet- oder Indexmietvereinbarung der Mietvertragspartner.
5. Gilt die Verordnung auch für Vereinbarungen außerhalb des Vergleichsmietensystems?
Nein. Gemäß § 557 BGB können die Mietvertragspartner jederzeit eine Vereinbarung über die Miethöhe treffen. Bei einer solchen „freien Miethöhevereinbarung“ sind die Vertragsschließenden nicht an die Reglementierungen der Verordnung gebunden.
6. Für welche Miete gilt die Verordnung?
Hat der Vermieter mit dem Mieter eine Nettokaltmiete und Vorauszahlungen oder eine Pauschale für die Betriebskosten vereinbart, findet die neue Verordnung nur Anwendung auf die Erhöhung der Nettokaltmiete.
Hat der Vermieter mit dem Mieter eine Bruttomiete vereinbart, findet die neue Verordnung Anwendung auf die Erhöhung der Bruttomiete. Die Erhöhung von Vorauszahlungen auf die Betriebskosten oder einer Betriebskostenpauschale wird durch die Verordnung nicht begrenzt. Die Modernisierungsmieterhöhung wird durch die Verordnung nicht erfasst und daher auch nicht begrenzt.
7. Wird das Mieterhöhungsverlangen des Vermieters unwirksam, wenn der Vermieter die Kappungsgrenze nach der neuen Verordnung überschreitet?
Das Mieterhöhungszustimmungsverlangen ist bei Überschreitung der 15 Prozent nicht insgesamt unwirksam, sondern unterliegt lediglich einer Teilunwirksamkeit in Höhe der Überschreitung der zulässigen 15 Prozent.
Fordert der Vermieter anstelle der zulässigen 15 Prozent Mieterhöhung mehr vom Mieter, bestehen mehrere Möglichkeiten.
Entweder stimmt der Mieter dem Verlangen des Vermieters in voller Höhe zu, dann liegt eine wirksame Miethöhevereinbarung i.S.d. § 557 BGB vor (vgl. oben). Stimmt der Mieter dem Verlangen lediglich in Höhe der zulässigen 15 Prozent zu, ist eine Mieterhöhungszustimmungsklage betreffend den über die 15 Prozent hinausgehenden Teil des Verlangens gerichtlich nicht durchzusetzen, weil die Verordnung dagegen steht. Stimmt der Mieter dem Erhöhungsverlangen des Vermieters überhaupt nicht zu, dann kann eine Erhöhung der Miete entsprechend der neuen Verordnung in Höhe von lediglich 15 Prozent gerichtlich durchgesetzt werden.
8. Wann ist die Verordnung in Kraft getreten?
Die Verordnung ist am 19. Mai 2013 in Kraft getreten.
9. Hat die Verordnung unbegrenzt Geltung, oder ist sie zeitlich befristet?
Die Verordnung unterlag ursprünglich einer zeitlichen Begrenzung bis zum 10. Mai 2018. Mit Ablauf dieses Tages sollte die Verordnung außer Kraft treten (§ 2 Absatz 2 Kappungsgrenzen-Verordnung). Seit dem 10. April 2018 ist eine neue Version in Kraft, die nun bis 10. Mai 2023 gilt.
10. Ist die neue Verordnung des Berliner Senats rechtmäßig?
Die Verordnung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Vorschrift des § 558 Abs.3 S.2 BGB enthält einige unbestimmte Rechtsbegriffe, die vom Berliner Verordnungsgeber ausgefüllt werden müssen. Es ist sehr fraglich, ob diese Begriffe (ausreichende Versorgung, angemessene Bedingungen, besondere Gefährdung) vom Senat in der Verordnung ordnungsgemäß umgesetzt werden; hierfür ist umfassendes und seriöses Datenmaterial erforderlich.
Die künftigen gerichtlichen Verfahren um Mieterhöhungszustimmungserklärungen werden die neue Verordnung des Senats auf den Prüfstand stellen.
Wo erhalte ich weitere Antworten zu meinen Fragen?
Wenn Sie weitere Fragen, insbesondere zur Mieterhöhung haben, wenden Sie sich an die Geschäftsstelle Ihres Haus-, Wohnungs- und Grundbesitzervereins. Alle Berliner Ortsvereine finden Sie hier.