Kundgebung gegen Mietendeckel
Trotz intensiver Aufklärungsarbeit über die praktischen Folgen des geplanten Mietendeckels sind die Interessen der kleinen und mittelständischen Bau-, Immobilien- und Wohnungswirtschaft, der Architekten, Bauingenieure, Planer und Vermieter nicht hinreichend berücksichtigt worden.
Aus diesem Grund hatte ein breites Bündnis der Berliner Bau- und Wohnungswirtschaft und der Vermieter am 9. Dezember 2019 eine Sternfahrt und eine Kundgebung in Berlin organisiert.
Für Haus & Grund sprach Annette Beccard auf der Kundgebung.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitstreiter,
wir alle haben uns heute hier zusammengefunden, weil wir alle – auf unterschiedliche und vielfältige Weise – betroffen sein werden vom Berliner Mietendeckel.
Ich selbst gehöre der Gruppe der privaten Kleineigentümer an.
- Es sind diese Eigentümer, die in Berlin und bundesweit das Gros des Mietwohnraums zur Verfügung stellen.
- Sie sind es unter den Vermietergruppen, die – insbesondere wegen ihres wenig flexiblen wirtschaftlichen Handlungsspielraumes – erheblich von dem Mietendeckel betroffen sein werden. Denn für die Finanzierung von Maßnahmen bieten sich ihnen in aller Regel nur zwei Wege an: der Blick in das höchstpersönliche Portemonnaie und/oder eine Kreditaufnahme bei einer Bank.
- Dieser Vermietergruppe gehört auch ein nennenswerter Anteil an, der im Vertrauen auf das, was ihnen von der Politik über viele, viele Jahre dringend geraten wurde zu tun, getan hat: Vorsorge treffen für die eigene Altersversorgung. Sie haben in den Erwerb von Wohnraum investiert, den sie vermieten.
- Innerhalb unserer Vermietergruppe bewirtschaften Vermieter ihren Mietwohnraum häufig selbst. Sie bewältigen dies in ihrer „Freizeit“, ihrem Urlaub, an Sonn- und Feiertagen. Ihr Plan: Bis zum Eintritt ins Rentenalter alle Verbindlichkeiten abbezahlt und den Mietwohnraum ggf. in einen Zustand versetzt zu haben, der zukunftsfähig ist und innerhalb der folgenden 20 bis 30 Jahre nach Eintritt ins Rentenalter keine größeren Sanierungs- und/oder Modernisierungsarbeiten erwarten lässt.
Auf diese Weise geht diese Vermietergruppe – häufig auch über mehrere Jahrzehnte – in Vorleistung: investiv und mit ihrer Arbeitsleistung.
Selbstverständlich muss derjenige, der diese Arbeit geleistet hat, entsprechend entlohnt werden, wie jeder andere Berufstätige auch.
Demonstrationsplakate mit Aufschriften wie „keine Rendite mit meiner Miete“ und entsprechende Äußerungen von einzelnen Politikern und ganzen Parteien zeigen, dass sie nicht ansatzweise wissen, was Miete bedeutet und welche Parameter Mieten grundsätzlich abdecken müssen!
Und dies nicht nur bei privaten, nicht institutionellen Vermietern, sondern entsprechend vergleichbar bei kommunalen, genossenschaftlichen und privaten institutionellen Vermietern!
Ersetzen Sie den Begriff Rendite durch den Begriff wirtschaftliches Auskommen:
Auch kommunaler Wohnraum und Genossenschaftswohnungen müssen verwaltet und bewirtschaftet werden. Das beinhaltet unter anderem die laufenden Kosten des Verwaltungsapparates, Rückstellungen für Reparaturen und die Bildung von Instandhaltungsrücklagen.
Selbstverständlich müssen unter anderem auch diese Kostenparameter privater, nicht institutioneller Vermieter in deren Kostenkalkulation entsprechend berücksichtigt sein und aus den laufenden Mieteinnahmen beglichen werden.
Neuvermietungsmieten aufzurufen auf der Grundlage einer Kalkulation, die alle erforderlichen Parameter berücksichtigt, ist privaten Kleineigentümern, deren Immobilie sich in Berlin befindet, aber überhaupt erst seit einigen Jahren möglich. Das gilt auch für den Westberliner Immobilienbestand, denn Bestandshalter (z. B. Familienbesitz) hatten beispielsweise mit der Rückzahlung der mit Zwangshypotheken zur Finanzierung des Zweiten Weltkriegs belasteten Immobilien und den Abgaben für den Wiederaufbau Berlins bis weit in die 1970er-Jahre zu tun. Und auch in Westberlin gab es bis 1987 neben den gesetzlichen bundesweit geltenden Mietpreisregelungen auch eine Mietpreisbindung, die das Aufrufen einer kostendeckenden Miete unmöglich machte.
Der Mietendeckel richtet sich gegen alle vermietenden Eigentümer. Die Vermieter sind es in Gänze, die wertvolle gesellschaftliche Strukturen erhalten und ihren Beitrag dazu leisten, Gebäudebestände zu erhalten und zeitgemäß und zukunftsfähig auszustatten.
Wir müssen davon ausgehen, dass die Reaktionen der Betroffenen sich zu einer Abwärtsspirale summieren werden, zum Nachteil der Berliner Bevölkerung:
Investitionen, die in Zusammenhang mit den großen Themen unserer Zeit stehen – Klimawandel, Energiewende, demographischer Wandel – werden unterbleiben. Substanzverfall wird sich zeigen. Und – ich sage dies mit großem Respekt vor denjenigen, die dies in ihrem Leben tatsächlich schon einmal erleben mussten: Wohnungsnot!
Politischer Aktionismus schützt nicht Mieter, sondern zerstört den wohnraumvermietenden Mittelstand. Zum Nachteil der Mieter.
Politischer Aktionismus ist auch politischer Egoismus, denn er schaut auf die Zahl der wählenden Mieter, die deutlich höher ist, als die Zahl der wählenden Wohnraumvermieter.
In Berlin fehlt es an verlässlichen Rahmenbedingungen, die Legislaturperioden und auch Regierungswechsel überdauern.
Berlin fehlt ein gesellschaftlicher Konsens zu Grundwerten!
Es gibt in dieser Stadt sehr viele Vermieter, die ihren Mietern mit ihrem Handeln ein gutes Zuhause bieten und sich selbst eine Altersversorgung erarbeitet haben.
Es ist absolutes Unrecht und hat nichts mit den Werten einer parlamentarischen Demokratie mit sozialer Marktwirtschaft zu tun, wenn der Lohn für die Arbeitsleitung dieser Menschen, die nicht selten und zudem über mehrere Jahrzehnte in Vorleistung erbracht wurde, durch einen politischen Federstrich vollständig entwertet wird und diese Vermieter hierdurch u.U. auch noch in wirtschaftliche Not kommen.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
In meinem Beitrag habe ich nur eine Geschlechtsform verwendet aber ausdrücklich alle Menschen – männlich/weiblich/divers – angesprochen.